Zu viele Informationen, keine Struktur, kein roter Faden. Wer sich beim Schreiben gern verzettelt, dem hilft der Küchenzuruf, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Der Küchenzuruf ist die zentrale Aussage eines Textes in zwei bis drei kurzen Sätzen. Dieser journalistische Begriff wurde geprägt von Henri Nannen, Gründer und langjähriger Chefredakteur des Maganzins Stern. Er erläutert den Begriff mit folgendem Beispiel: „Wenn am Donnerstag der Hans mit seiner Frau Grete den neuen ‚stern’ käuflich erwirbt und, zu Hause angekommen, Grete sich dann in die Küche verfügt, sich die Schürze umbindet und Hans im Esszimmer Platz nimmt, den neuen ‚stern’ aufschlägt. Wenn der Hans dann nach vollendeter Lektüre dieser Geschichte voller Empörung seiner Frau Grete durch die geöffnete Küchentür zuruft: ‚ Mensch Grete, die in Bonn spinnen komplett! Die wollen schon wieder die Steuern erhöhen!’ – dann sind diese beiden knappen Sätze der so genannte Küchenzuruf des journalistischen Textes.“
Für den Leser hat der Küchenzuruf den Vorteil, dass er nach der Lektüre genau weiß, was ihm vermittelt wurde. Die Kernbotschaft bleibt ihm leicht im Gedächtnis hängen. Für den Autor ist der Küchenzuruf eine Unterstützung beim Schreiben.
Der rote Faden im Text
Der Küchenzuruf gibt Ihnen die Richtung vor, in die der Text gehen soll. Das hilft Ihnen bereits bei der Recherche: Sie können sie besser eingrenzen und strukturieren. Beim Schreiben selbst dient der Küchenzuruf als roter Faden und hilft Ihnen, sich nicht zu verzetteln. Auch Titel und Zwischenüberschriften finden sich leichter. Alle Inhalte, die Sie vermitteln wollen, müssen einen direkten Bezug zum Küchenzuruf haben. Haben sie ihn nicht, ist das, was Sie sagen wollen, wahrscheinlich nicht relevant.
Sie müssen nicht alles unter einen Hut bringen
Zu viele Informationen in einen Text zu packen, bedeutet nichts anderes, als dass gleichrangige Botschaften sich den Rang ablaufen. Als Verfasser stehen Sie vor dem Problem, diese Informationen sinnvoll miteinander verknüpfen zu müssen, und Sie können kaum in die Tiefe gehen. Der Küchenzuruf diszipliniert Sie, bei Ihrer Kernaussage zu bleiben.
Gibt es nun so komplexe Themen, die man nicht in einer kurzen Aussage von zwei bis drei Sätzen zusammenfassen kann? Geht es nach Wolf Schneider und Paul-Josef Raue, dann definitiv nicht. In ihrem Buch „Das neue Handbuch des Journalismus“ erklären sie dazu: „Wenn ein kompliziertes Thema keinen Küchenzuruf hergibt, deutet das darauf hin: Der Autor hat nicht intensiv genug um eine Zuspitzung seines Themas gerungen.“
Der Küchenzuruf gehört in den Vorspann
Auch wenn der ganze Text unter dem Diktat des Küchenzurufs steht, hat er einen festen Platz: den Vorspann. Der Vorspann dient dazu, den Leser für Ihren Text zu interessieren. Je klarer die Kernbotschaft ist, umso besser wird dem Leser die Frage beantwortet, warum er den Text überhaupt lesen soll.